Gesundheit und Leistung
Veränderungen im Gesundheitsverhalten und körperlicher Leistung
Das Institut für Bewegungswissenschaft trägt zur MoC Initiative insbesondere durch die neu entstehende dritte Säule „Gesundheit & Leistung“ bei. In einer interdisziplinären Perspektive untersucht diese Säule die komplexen Wechselwirkungen zwischen körperlicher Aktivität und sportlichen Engagements einerseits und Gesundheit, Persönlichkeit und sozialen Faktoren andererseits über unterschiedliche Zeiträume und Settings hinweg – von kurzfristigen Dynamiken innerhalb einer Verhaltensepisode bis hin zu langfristigen Entwicklungen über die gesamte Lebensspanne. Dieses Vorgehen unterstützt die MoC-Initiative dabei, Veränderungen in menschlichen Systemen im Zusammenhang mit Sport und Bewegung besser zu verstehen und positiv zu beeinflussen.
Im Mittelpunkt der Säule „Gesundheit & Leistung“ stehen in einer leistungsorientierten Betrachtungsweise die Dynamiken der menschlichen Handlungssteuerung aus der Perspektive von Bewegung, Spiel und Sport(-Kultur). Leistung wird hierbei als dynamischer Prozess definiert, welcher über präzise Messungen hochaufgelöst und mehrdimensional erfasst wird und somit über den traditionellen Begriff sportlicher Höchstleistungen als reines „Ergebnis“ hinausgeht. Beispielsweise werden motorische Basiskompetenzen bei Kindern im Feld, laborgemessene Kraft- und Ausdauerleistungen in der Allgemeinbevölkerung sowie in klinischen und leistungssportlichen Stichproben untersucht. Durch diesen erweiterten Leistungsbegriff kann die Messung spezifischer Leistungsepisoden als unmittelbarer Indikator dienen, um die Mechanismen veränderter psychischer, sozialer und körperlicher Gesundheit besser zu verstehen.
Ein methodisches Ziel dieser Forschung ist die interdisziplinäre Kombination von physiologischen, psychologischen und neurowissenschaftlichen Labormessungen mit Feldforschungsansätzen in verschiedenen Populationen (z. B. Kinder, Jugendliche, Personen mit geringer Sportaffinität) und Kontexten (z. B. herausfordernde soziale Milieus). Hierfür wurde im vergangenen Jahr 2024 die Infrastruktur ausgebaut, unter anderem durch den Aufbau neuer Labore, und der interdisziplinäre Austausch verstärkt, beispielsweise durch disziplinübergreifende Kolloquien und Lab Meetings.
Ein Beispiel für eine solche Forschungskollaboration ist die Zusammenarbeit zwischen dem Dynamics of Human Performance Regulation Lab (DHPRlab) und dem Science and Transfer Center Active City. Gemeinsam wird untersucht, wie kognitive und körperliche Leistungsparameter im Kinder- und Jugendalter dynamisch interagieren, wobei auf umfassende Erhebungen aus Hamburg zurückgegriffen wird. Zudem wird erforscht, wie im Labor gemessene Anstrengungspräferenzen die Entwicklung dieser Leistungsparameter im Mikrokontext erklären können, basierend auf laborexperimentellen Untersuchungen.
Weitere aktuelle Themen zu Inhalten der MoC Säule Gesundheit & Leistung am Institut für Bewegungswissenschaft sind zum Beispiel:
- Im Rahmen einer empirischen Bildungsforschung in der Sportwissenschaft werden Strukturen, Prozesse und Ergebnisse in Bildungsinstitutionen in und außerhalb der Schule betrachtet.
- Im Kontext der Forschung um Ergebnisse werden in einem vom BMBF geförderten digitalen Kompetenzzentrum zu motorischen Basiskompetenzen (MOBAK-DigiKo) (angehende) Lehrkräfte in einem Blended Learning-Format in der App-basierten Diagnostik und Förderung solcher grundlegender motorischen Kompetenzen befähigt, die zu einer Teilhabe an der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur qualifizieren.
- Im Kontext der Forschung um Prozesse wurde im Rahmen des ERASMUS+-Projektes QualiTePE ein gemeinsames -Rahmenkonzept zur Unterrichtsqualität in zehn europäischen Ländern mit zentralen Merkmalen guten Sportunterrichts entwickelt. Darauf aufbauend wurde das sog. digitale QualiTePE-Evaluationsinstruments entwickelt, das eine formative Evaluation der Unterrichtsqualität in Transfer- und Austauschformaten ermöglicht.
- Nahezu alle Projekte des Arbeitsbereichs Bewegungs- und Trainingswissenschaft weisen eine enge Anbindung an die MoC Säule Gesundheit & Leistung auf. Diese betreffen neben den physiologischen auch die kognitiven Veränderungen durch Interventionsmaßnahmen sowie Reife- und Alterungsprozesse. Aktuelle Forschungsschwerpunkte des Arbeitsbereichs Bewegungs- und Trainingswissenschaft liegen in:
- der Analyse sensomotorischer Kontrollfunktionen
- der Gang- und Laufanalyse im klinischen, präventiven und sportwissenschaftlichen Handlungsfeld
- der Analyse des Risikoprofils für Verletzungen, Stürze und Übertraining (inkl. des Belastungs- und Regenerationsmonitorings)
- der Entwicklung und Evaluation von Trainings- und Präventionsmaßnahmen.
- Das übergreifende Forschungsinteresse des DHPRlab gilt den Dynamiken menschlicher Leistungsregulation im Sport und in weiteren Leistungskontexten. Zur Untersuchung dieser Dynamiken werden Theorien und Konzepte aus der Motivations-, Volitions- und Emotionsforschung, sowie eine vielfältige Reihe von Methoden aus der Psychologie, Physiologie und den Neurowissenschaften eingesetzt. Diese Themen und Methoden weisen naturgemäß eine enge Anbindung and die MoC Säule Gesundheit & Leistung auf. Aktuelle Themen des Arbeitsbereichs hierzu sind zum Beispiel:
- Forschungsthemen: Langeweile im Kontext von Gesundheit und Leistung; Spezifität vs. Generalisierung von Anstrengungspräferenzen und -kosten; Analyse der dynamischen Übereinstimmung von subjektiver Anstrengung und objektiver Leistung; Exploration-Exploitation in Kontext von Sport und Bewegung; Integration von Anstrengungs- und Zeitkosten in sportbezogene Entscheidungsprozesse
- Forschungsprojekt: Im Rahmen des DFG-Projekts „Langeweile und Selbstkontrolle als Orientierungssignale für zielgerichtetes Verhalten. Ein neuer Zugang zum „ego depletion Effekt“ untersucht das DHPRlab Veränderungsdynamiken im Anstrengungs- und Langeweile-Empfinden während körperlicher und kognitiver Tätigkeiten. Das Verständnis dieser Dynamiken soll zu einem besseren Verständnis von Leistungsregulationsprozessen beitragen.
- Editoriales: Herausgabe eines Sonderhefts zum Thema „Dynamics of Boredom“ in der Fachzeitschrift Humanities & Social Sciences Communications gemeinsam mit Prof. Dr. Corinna Martarelli (Swiss Distance University Institute). Ziel dieses Sonderhefts ist das bessere Verständnis davon, wie Langeweile entsteht, mit welchen Faktoren sie interagiert und wie sie dynamisch die menschliche Handlungssteuerung moduliert.
- Third Mission: Kommunikation der Forschung am Institut zu MoC Themen in populärwissenschaftlichen Medien, z.B. DER SPIEGEL, DEIN SPIEGEL, Süddeutsche Zeitung, die ZEIT oder ARTE.
Durch diese vielfältigen Forschungsaktivitäten leistet das Institut für Bewegungswissenschaft einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Dynamiken von Gesundheit und Leistung und unterstützt somit die übergeordneten Ziele der MoC-Initiative.