Veränderungsmechanismen in dynamischen sozialen Interaktionen
Soziale und individuelle Prozesse sind eng miteinander verbunden. Soziale Interaktionen prägen die Wahrnehmung und das Verhalten des Menschen. Gleichzeitig haben individuelle Merkmale, Erkenntnisse und soziale Identitäten einen tiefgreifenden Einfluss auf soziale Interaktionen. Das Zusammenspiel von individuellen Merkmalen und sozialen Identitäten einerseits verstehen und wie sie sich in sozialen Interaktionen manifestieren und diese verändern können; das Verständnis, wie soziale Prozesse andererseits das individuelle Verhalten sowie kognitive und biologische Prozesse verändern können, ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis und die Erklärung menschlicher Erfahrungen und Verhaltensweisen.
Vermutlich aufgrund der Komplexität und Interaktivität sozialer Prozesse beschränkten sich empirische Untersuchungen sozialer Phänomene bislang häufig auf Korrelationsanalysen mit breit definierten sozialen Variablen (z. B. Beziehungsstatus und Zufriedenheit) oder Laborstudien, die sich auf Reize und Maßnahmen von nur rudimentär sozialer Natur stützen (z. B. Bilder emotionaler menschlicher Gesichter; imaginäre Reaktionen auf beliebige Szenarien; Reaktionsverzögerungen beim Drücken von Tasten). Die aktuelle Forschungsinitiative zielt darauf ab, über diesen aktuellen Stand der Technik hinauszugehen, indem folgende Schlüsselmerkmale kombiniert werden:
- ein Fokus auf kompliziert verschachtelte, feinkörnige, zeitliche soziale Interaktionsdynamiken, die sich als Veränderungen im menschlichen Verhalten ausdrücken;
- eine methodische Toolbox, die verschiedene Zeitrahmen wie Echtzeitprozesse, kurzlebige Zustandsänderungen, vorübergehende Lebensepisoden und die Lebensdauer abdeckt;
- einen Fokus sowohl auf verbale als auch auf nonverbale Verhaltensdynamik, um Vergleiche und Verallgemeinerungen über verschiedene Situationen und Gruppen hinweg zu ermöglichen (z. B. Vergleiche von Interaktionsmustern in Gruppen von Kindern und in Organisationsteams); und
- eine Betrachtung der Randbedingungen für Veränderungen im Hinblick auf das Verständnis, wie Perioden relativer Stabilität aufrechterhalten werden, und im Gegensatz zu Möglichkeiten für Veränderungen durch dynamische soziale Interaktionen.
In diesem allgemeinen Rahmen untersuchen wir, wie soziale Interaktionsdynamik bei Individuen biologische, kognitive, affektive und Verhaltensänderungen hervorruft und wie individuelle und Gruppenunterschiede soziale Interaktionen verändern. Ein besonderer Fokus liegt auf Prozessen und Veränderungen in der Wahrnehmung und der Bildung und Manifestation von Einstellungen (z. B. Selbstwertgefühl, Zugehörigkeitsgefühl) im Kontext menschlicher Gruppeninteraktionen. Spezifische Forschungsfragen und Herausforderungen, die Fachwissen aus verschiedenen Bereichen erfordern, umfassen Folgendes:
- Wie sich die Dynamik sozialer Interaktionen auf individuelle Veränderungen auf biologischer, kognitiver und verhaltensbezogener Ebene auswirkt;
- Wie Individuen ihren sozialen Kontext gestalten und umgekehrt;
- Wie Perioden relativer Stabilität aufrechterhalten werden und im Gegensatz zu Veränderungsmöglichkeiten stehen; und
- Wie verschiedene Bereiche der Psychologie durch verhaltensbasierte Maßnahmen sozialer Prozesse innoviert werden können.
Das Verständnis des Zusammenspiels zwischen sozialen Interaktionen und individuellen Einstellungen, Erkenntnissen und Verhaltensweisen ist von größter Bedeutung, um das wissenschaftliche Verständnis der menschlichen Natur zu fördern. Unser dynamischer Ansatz für soziale Interaktionen im Zentrum der menschlichen Erfahrung hat das Potenzial, neue Forschungssynergien auszulösen und unsere Sicht auf Phänomene in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen grundlegend zu verändern. Darüber hinaus ist das Verständnis der Mechanismen, die die Prozesse und Auswirkungen sozialer Interaktionen steuern, wichtig, um die Einstellungen für soziale Interaktionen zu optimieren, schlecht angepasste soziale Interaktionsmuster zu verhindern und zu behandeln und damit eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen.